S. Höller: Glaubensverbreitung in Deutschland

Cover
Titel
Das päpstliche Werk der Glaubensverbreitung in Deutschland 1933–1945.


Autor(en)
Höller, Simone
Reihe
Veröffentlichungen der Kommission für Zeitgeschichte, Reihe B: Forschungen 114
Erschienen
Paderborn 2009: Ferdinand Schöningh
Anzahl Seiten
365 S.
Preis
URL
Rezensiert für infoclio.ch und H-Soz-Kult von:
Alois Steiner

Der Missionsbegriff gehört zum Wesen der katholischen Kirche. Das moderne Werk der Glaubensverbreitung entstand als Laienbewegung des 19. Jahrhunderts durch Pauline Marie Jaricot 1822 in Lyon (Hauptsitz). Sein deutscher Zweig war der 1832 in Aachen gegründete Franziskus-Xaverius-Missionsverein. Als durch den Ersten Weltkrieg die Verteilung der Spendengelder über Lyon immer schwieriger wurde, ergriff der Vatikan die Initiative, verlegte die Zentralverwaltung nach Rom und gliederte das Missionswerk der Propaganda Fide an unter dem neuen Namen «Päpstliches Werk der Glaubensverbreitung » (PWG).

Der deutsche Zweig geriet seit 1933 unter starken Druck durch den Nazi-Staat. Das Reichskonkordat von 1933 konnte die Tätigkeit der Missionsorden nicht schützen. Durch Devisenprozesse und durch die Steuerrepression gerieten die Orden und das PWG in Schwierigkeiten. 1935 schlug die Reichspressekammer zu und verbot die einflussreiche Zeitschrift «Die Weltmission». Sie erschien erst nach dem Kriege 1949 wieder.

Die Gründung der Missionsverwaltungsgesellschaft (MVG) 1935 war der logische Zusammenschluss der Missionsvereine der Laien und der Missionsorden, um in Zukunft nur mit einer Stimme gegenüber den Regierungsstellen zu sprechen. Geldsammlungen ausserhalb des Kirchenraumes wurden durch das Sammlungsgesetz verboten. Aber der äussere Druck vermochte die Solidarität mit den Missionen nicht zu schwächen. 1938 verlor das PWG die seit über 100 Jahre gewährte Steuerbefreiung als gemeinnütziges Unternehmen.

Die Schwierigkeiten mit den Nazibehörden während des Krieges brachten die evangelischen und die katholischen Missionswerke einander näher. Eine äusserst geschickte Idee war es, kirchliche Missionshäuser für Lazarettzwecke den Militärbehörden zur Verfügung zu stellen um sie dem endgültigen Zugriff des Staates zu entziehen. Diese «Lazaretthilfe» erwies sich als Musterbeispiel kirchlicher Überlebensstrategie unter der NS-Herrschaft. Es gelang, Missionsgelder dort zu «parkieren», die aus devisenrechtlichen Gründen nicht in die Missionen überwiesen werden konnten. Die Lazaretteinrichtungen wurden für eine spätere Verwendung in Übersee gerettet. Mancher Klosterbewohner wurde durch diese Institution vor der Einberufung in den Kriegsdienst bewahrt, weil er im Lazarett benötigt wurde.

Die Missionsverantwortlichen, vor allem der Aachener Schatzmeister Dr. Karl Breuer, spielten geschickt auf der Klaviatur staatlicher und militärischer Verbindungen. Nicht zuletzt dank des Wirkens mutiger Rechtsanwälte wie Dr. Etscheid (in Gestapohaft umgekommen), Josef Wirmer (als Mitverschworener der Männer vom 20. Juli 1944 gehängt), Franz Oppenhoff, erster Bürgermeister im befreiten Aachen (im März 1945 von Himmlers Werwolfkommandos ermordert) gelang es, das päpstliche Missionswerk durch die Kriegswirren zu steuern.

Zitierweise:
Alois Steiner: Rezension zu: Simone Höller, Das päpstliche Werk der Glaubensverbreitung in Deutschland 1933–1945 (=Veröffentlichungen der Kommission für Zeitgeschichte, Reihe B: Forschungen, Bd. 114), Paderborn, Ferdinand Schöningh, 2009. Zuerst erschienen in: Schweizerische Zeitschrift für Religions- und Kulturgeschichte, Vol. 104, 2010, S. 516

Redaktion
Autor(en)
Beiträger
Zuerst veröffentlicht in
Weitere Informationen
Klassifikation
Epoche(n)
Region(en)
Mehr zum Buch
Inhalte und Rezensionen
Verfügbarkeit